Charlie/Charly


Charlie/Charly


Beide Schreibweisen – Charlie und Charly – beziehen sich auf die gleiche Frau und sind Pseudonyme. Wer sich dahinter verbirgt, ist unbekannt.1 Charlie war 1932 Vorsitzende des Damenklubs „Monbijou“. Über die genauen Daten ihres Vorsitzes ist nichts bekannt.2 Charlie berichtete in der Frauenliebe über den Tanz-Club Skorpion, der in der „Taverne“ zu finden war, inwieweit sie auch hier die Leitung innehatte, bleibt unklar.3 Charlie war außerordentlich beliebt.



1929 berichtete die Frauenliebe, dass am 27.01.1930 ein Ehrenabend für die „beliebte Pianistin Charlie“ stattfinden werde.4 Am 30.05.1931 gab es erneut einen Ehrenabend für Charlie. Anlass war die 10-jährige ehrenamtliche Tätigkeit Charlies im DBDM.5 Charlie bekam eine Armbanduhr, die gestiftet wurde von den Mitgliedern des Damenklubs „Monbijou“. Sie gehörte bereits bei Gründung der Gruppe zur Spielschar des „Klubs Monbijou“6 und wirkte unter anderem in der Komödie „Er“ mit.7


Franz Scott rühmte Charlie: „Charlys würdige soignierte maskuline Erscheinung, die auch in der Kleidung eine entsprechende Linienführung findet, residiert im ,Alexander-Palais‘. Aber dieser hochstirnige massive, von wahrhaft olympischen Locken wirr umtändelte Kopf widmet sein Denken den organisierten Libertinen. (...) Die Dame Charly gehört nicht zur allerjüngsten Generation mehr. Sie hat unglaubhaft viel heimliche Kämpfe erlebt und sich wegen ihrer Veranlagung versteckt und offen mit Makel und Schimpf behandeln lassen. Beirrt hat sie das alles nicht. Denn Charly fand nicht gewissermaßen über Nacht, dass sie Libertine sei, sie ist vielmehr eine körperlich und seelisch durchaus maskulin sich auslebende Frau. (...) Sie war die erste, die einen festeren Zusammenschluß der vielen vereinzelten Gruppen, Verbände, Klubs und loseren Vereinigungen anstrebte.“8 Wie auch Franz Scott berichtete, ist wohl davon auszugehen, dass Charlie zur älteren Generation der homosexuellen Frauen gehörte und vermutlich Ende des 19. Jahrhunderts, vielleicht in den 80er oder 90er Jahren, geboren wurde.



Heike Schader (2004)


Aus: Schader, Heike: Virile, Vamps und wilde Veilchen. Sexualität, Begehren und Erotik in den Zeitschriften homosexueller Frauen im Berlin der 1920er Jahre. Königstein/Ts.: Ulrike Helmer Verlag 2004, S. 73f.





1 Ein Bild von Charlie befindet sich im Anhang.


2 „Zur Einleitung der Feier hielt die Vorsitzende, Frau Charlie, eine kurze Ansprache, in der sie besonders auf den Ernst der Lage hinwies.“ Rundschau: Garçonne 1932, Nr. 1.


3 Frauenliebe 1928, Nr. 21.


4 Frauenliebe 1929, Nr. 4.


5 Für was die Abkürzung DBDM steht, entzieht sich leider meiner Kenntnis. Es könnte sich aber um einen Druckfehler handeln, nämlich dass statt DBDM der DBFM gemeint war, und das wäre der Deutsche Bund für Menschenrechte. O. A.: Bericht über den Ehrenabend „Charlys“ am 30. Mai 1931. Garçonne  1931, Nr. 12.


6 Nach der Ausgabe Garçonne 1932, Nr. 6 gibt es keine weiteren Nachrichten mehr über die Spielschar. Was aus ihr geworden ist, ist unbekannt.


7 Karen: Rundschau 3. Stiftungsfest. Garçonne 1931, Nr. 19.


8 Franz Scott, S. 40 und 41.