Anna (Maria) (Aebi-)Eysoldt (1868-1913)


Anna Eysoldt um 1905 , some rights reserved: Christiane Leidinger

Am 31. März 1887 zieht Anna (Maria) Eysoldt zusammen mit ihrer Mutter Bertha Eysoldt (1845-1934), geb. Richter und mit einer ihrer Schwestern, der später berühmten Schauspielerin und Theaterdirektorin Gertrud Eysoldt (1870-1955) von Pirna in Sachsen in die Schweiz. Dort möchte sie Medizin studieren. Der Vater, Friedrich Arthur (1832-1907), ein Advokat und Notar ist davon nicht  begeistert. Aber die Mutter unterstützt den Studienwunsch ihrer Tochter.


Für dieses Frauenstudium, das Frauen nicht nur in Deutschland verboten war, musste sie jedoch eine weitere Hürde nehmen: das Abitur. Für die Matura, wie dieser Schulabschluss in der Schweiz genannt wird, hatte sie gemeinsam mit Frieda Bebel (1869-1948) gelernt. 1887 war es soweit: Anna Eyoldt legte als sogenannte Wilde, also Externe in Zürich erfolgreich die Abiturprüfung ab und immatrikulierte sich an der Zürcher Universität. In Zürich studierte sie zunächst von 1887 bis 1891 mit einer Unterbrechung Medizin und gehörte zum Studentinnenkreis um Ricarda Huch (1864-1947). Außerdem war sie in ihrer Schweizer Zeit auch mit Clara Willdenow (1856-1931) befreundet, die später wohl ein amouröses Abenteuer mit ihrem Ehemann haben wird, in das sie eingebunden werden soll.


Von Zürich wechselte Anna Eysoldt an die Universität in Bern und hörte dort bis 1894 medizinische Vorlesungen. Vermutlich aus Krankheitsgründen kann die Abschlusskandidatin ihr Studium nicht abschließen.


Im Sommer 1892 hatte Eysoldt den Berner Rechtsanwalt und Stadtratspräsidenten Ernst Aebi (1856-1922) geheiratet. Die Ehe war allerdings nicht lange glücklich, und Anna Eysoldt kämpfte viele Jahre um ihr Recht im Rahmen eines zermürbenden Scheidungsprozesses, in dem sie von Johanna Elberskirchen unterstützt wurde. Elberskirchen legte sich dabei lautstark mit Aebi, den Schweizer Behörden und der Sozialdemokratie an und scheute dabei weder Haftbefehl, Flucht noch Festnahmen.


Ungefähr 1891, spätestens 1892 hatte Anna Eysoldt Johanna Elberskirchen (1864-1943) kennen gelernt. Aus den Freundinnen wurden Lebens- und Arbeitsgefährtinnen. Um 1900 gingen sie ins Rheinland und lebten bis zu Eysoldts Tod 1913 zusammen.


Gemeinsam schrieben die beiden Frauen das Buch Die Mutter als Kinderärztin für den Münchner Verlag Seitz & Schauer. Es wurde 1907 publiziert, 1910 ins Tschechische übersetzt und erschien im renommierten Verlag A. Hynek .


Ob Anna Eysoldts Krankheit sich (wieder) verschlimmerte ist nicht eindeutig überliefert, liegt aber nahe. Sie stirbt am 19. März 1913. Am 24. März wurde die Urne mit der Asche von Anna Eysoldt von Mainz nach Bonn überführt. In den Bonner Friedhofsunterlagen findet sich kein Eintrag zu einer Beisetzung und die Urne Eysoldts ist auch nie offiziell auf einem Bonner Friedhof angekommen.


In der Todesanzeige im Bonner General-Anzeiger vom 22. März 1913 schrieben Johanna Elberskirchen, Frau Berta [sic] Eysoldt, geb. Richter, Gertrud Eysoldt sowie die Schwestern von Johanna: Ida und Laura Elberskirchen, Frau Elise Stansfeld, geb. Elberskirchen: „Meine teure Kameradin, unsere geliebte Schwester, unsere liebe, schwesterliche Freundin Anna Maria Eysoldt // Kandidatin der Medizin ist heute nach fast zwanzigjährigem Leiden entschlafen. Still und sanft ging ihre edle Seele ein in das Jenseits von Gut und Böse. Bonn, Berlin, Köln, 19. März 1913.“




Christiane Leidinger (Berlin 2009)





Zitiervorschlag:
Leidinger, Christiane: Anna (Maria) (Aebi-)Eysoldt (1868-1913) [online]. Berlin 2009. Available from: Online-Projekt Lesbengeschichte. Boxhammer, Ingeborg/Leidinger, Christiane. URL <https://www.lesbengeschichte.org/bio_eysoldt_d.html> [cited DATE].

Literatur


Einsele, Gabi: „Dieser Kreis – sagen wir – um Maria Lehmann“. In: Harth, Dietrich (Hrsg.): Franz Blei. Mittler der Literaturen. Hamburg: Europäische Verlagsanstalt 1997, 223-241.
Herrmann, Ursula (Hrsg.): Bebel, August und Julie. Briefe einer Ehe. Bonn: Dietz 1997.
Leidinger, Christiane: Keine Tochter aus gutem Hause. Johanna Elberskirchen (1864-1943). Konstanz: UVK 2008.
Niemann, Carsten: „Das Herz meiner Künstlerschaft ist Mut“ – Die Max-Reinhardt-Schauspielerin Gertrud Eysoldt. prinzenstraße Hannoversche Hefte zur Theatergeschichte 6. Hannover 1995.
Rogger, Franziska: Der Doktorhut im Besenschrank. Das abenteuerliche Leben der ersten Studentinnen – am Beispiel der Universität Bern. Bern: eFeF 1999.
Walach, Dagmar: Gertrud Eysoldt. Das schöne Muster unseres Erlebnisses. Briefe an Max Martersteig. Mit einer einführenden Skizze. Institut für Theaterwissenschaft der Freien Universität Berlin. Berlin: Selbstverlag 2002.

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