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Lu Leistenschneider/Lu Bilse-Leistenschneider/Lu Bilse


Die Ähnlichkeit der Namen lädt zur Spekulation ein. Der Name Lu ist relativ weit verbreitet und beliebt, wogegen Leistenschneider und Bilse eher selten sind. Alle drei Autorinnennamen erscheinen in der Freundin. Es wäre denkbar, dass es sich tatsächlich immer um dieselbe Autorin handelt, die mit Hilfe verschiedener Alter Egos ihren sich verändernden Haltungen Ausdruck verlieh. Chronologisch am Anfang stand der Name Lu Leistenschneider. Sie war im Kontext der Zeitschriften die radikalste Vertreterin der Gruppe, für die sexuelles Begehren und Liebe nicht zwangsläufig eine Einheit bildeten. In ihren Geschichten verfolgen die Protagonistinnen die Befriedigung ihres eigenen Begehrens, ohne dass am Ende eine Beziehung das glückverheißende Ziel ist.1 Zeitlich anschließend folgte Lu Bilse-Leistenschneider. Ihre Haltung wird zum Beispiel in der Geschichte „Erkenntnis“2 deutlich. In dieser erschrickt die Protagonistin vor der egoistischen leidenschaftlichen Gier ihrer Tanzpartnerin. Im Unterschied zu Lu Leistenschneiders Handlungsplots wird hier die wahre Liebe in Abgrenzung zur sexuellen Triebhaftigkeit dargestellt. Zeitlich am Ende steht Lu Bilse. In der Geschichte „Briefe“3 erkennen zwei kameradschaftlich und rein platonisch verbundene Frauen auf einmal ihr gegenseitiges sexuelles Begehren. Andererseits beschreibt Lu Bilse in der Geschichte „Apachenball“ die erotischen Sehnsüchte einer Frau auf einem homosexuellen Fest.4



Heike Schader (2004)



Aus: Schader, Heike: Virile, Vamps und wilde Veilchen. Sexualität, Begehren und Erotik in den Zeitschriften homosexueller Frauen im Berlin der 1920er Jahre. Königstein/Ts.: Ulrike Helmer Verlag 2004, S. 82.





1 Z. B. Lu Leistenschneider: Fasching. Freundin 1929, Nr. 10, und Abenteuer in Venedig. Freundin 1929, Nr. 9.


2 Lu Bilse-Leistenschneider: Erkenntnis. Freundin 1930, Nr. 32.


3 Lu Bilse: Briefe. Freundin 1931, Nr. 1.


4 Lu Bilse: Apachenball. Freundin 1931, Nr. 42.